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Wir brauchen ein Update!

Die Themenwoche 2019 endete mit den Gottesdiensten zum diesjährigen Caritassonntag, der unter dem Thema „sozial braucht digital“ stand. Wir haben das Thema aufgegriffen und uns noch einmal Gedanken gemacht, was Gemeinde ausmacht und wohin der Weg führt:

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Unsere Welt verändert sich, nicht nur allein durch die Technik. Es gibt keine analoge und digitale Welt mehr. Die Welt, wie wir sie erleben – im Großen wie auch im Kleinen – erlebt eine rasante Veränderung in unbekannte Richtung. So, wie sich die Welt ändert, so ändert sich auch unser Zusammenleben, unser Umgang miteinander. Das Gemeinsame, die Gemeinschaft tritt immer mehr zurück, während die Individualität immer stärker betont wird – eine Entwicklung, die wir auch in unseren Gemeinden, besonders auch in der Arbeit der Caritas feststellen können.

Fast jede und jeder von uns besitzt heute einen Computer, ist über das Internet mit Menschen weltweit verbunden, kann auf eine Fülle von Informationen zugreifen. Wir sind quasi vernetzt – während das Netz der direkten menschlichen Beziehungen immer schwächer wird. Aber gerade die Betrachtung eines Computers kann uns helfen zu erkennen, worauf es in unseren Gemeinden, auch besonders in der Arbeit der Caritas, ankommt. Schauen wir also auf einen Computer, der sich Gemeinde nennt, nehmen wir ein Update vor:

Damit ein Computer funktioniert braucht er ein Betriebssystem. Viele von Ihnen kennen sicherlich „Windows“. Betriebssysteme werden in regelmäßigen Abständen überarbeitet, effizienter gestaltet – entsprechend marktwirtschaftlicher Kriterien. Unser Betriebssystem ist Jesus, ist seine Botschaft von der Liebe Gottes zu den Menschen. Dieses Betriebssystem widersteht jeglichem Effektivitätsdenken. Gottes Liebe zu den Menschen kann man nicht „verbessern“, kann man nicht „verschlanken“, kann man im Alltag nicht „beschleunigen“. Unser Betriebssystem ist eine open source, kostenlos, zeitlos.

Moderne Rechner zeichnen sich durch einen effizienten Umgang mit Ressourcen aus: stromsparend, emissionsschonend, durchdacht und geplant entwickelt. Unsere Arbeit als Caritas, unser Umgang miteinander in den Gemeinden muss sich diesem Ressourcendenken widersetzen. Wer nur noch nach diesem Prinzip am grünen Tisch plant und handelt, der vergisst seinen Auftrag und seinen Auftraggeber: Unserem Betriebssystem entsprechend steht der Mensch im Mittelpunkt und wir verschwenden in positiver Sicht unsere Ressourcen an ihm: Wir handeln nicht effizient sondern intensiv, wir machen uns Arbeit, statt sie einzusparen. Wir widersetzen uns dem stetigen Zwang immer alles immer mehr zu optimieren.

Jeder Computer zeichnet sich heute durch seine Diagnosefähigkeit aus. So können auch versteckte Fehler schnell gefunden und behoben werden. Wie steht es aber um die Diagnosefähigkeit unserer Gesellschaft, unserer Kirche, unserer Gemeinden? Nehmen wir wirklich noch war, was die Menschen um uns und mit uns bewegt? Welche Fragen und Sorgen sie haben? In welcher Armut und mit welchen Nöten sie ihren Alltag bewältigen müssen? Wollen wir überhaupt noch den Blick wagen auf das, was die Menschen bewegt, die uns anvertraut sind? Oder sind wir doch oft allzu gern bereit, unser Tun, unser Handeln komplett an ihnen vorbei zu planen?

Ein guter Computer zeichnet sich durch möglichst viele Schnittstellen aus, über die er mit den verschiedensten anderen Geräten kommunizieren kann. Ein guter Computer ist also möglichst in vielfältiger Weise anschlussfähig. Und das gilt sowohl für die modernsten Medien wie auch für alte Datenträger. Welche Rechner der jüngsten Generation können heute beispielsweise noch eine Diskette lesen, geschweige denn noch eine CD abspielen? Auch als Kirche, als Gemeinde müssen wir anschlussfähig sein. Das heißt, dass wir bereit sein müssen, uns mit der Gegenwart zu verknüpfen, dass wir unsere Botschaft auf allen zu Verfügung stehenden Wegen abspielen, weitergeben können und dies auch wollen. Das heißt aber auch, dabei eben auch Altes sorgfältig zu achten und auch zu bewahren.

Mit Computern können große Datenmengen in Sekundenschnelle verarbeitet werden. Es geht darum Informationen zu sammeln, aufzunehmen, auszuwerten, weiterzuleiten. Die Informationsverarbeitung in unserem System Gemeinde gerät aber ins Stocken. Was wissen wir noch von unseren Mitgliedern, von den Menschen, für die wir da sein sollen? Wie werden Informationen noch ausgetauscht, beraten und dann gehandelt? Die Gemeinde, aber auch die Caritas im Besonderen kann beispielsweise nur da helfen, wo sie auch entsprechend von den Bedürfnissen weiß – wir alle sind aufgerufen, mit offenen Augen und Ohren durch unser Umfeld zu gehen und Informationen zusammenzutragen.

Ein Computer muss heute webfähig sein, ohne die Möglichkeit ins Internet gehen zu können ist kaum noch eine Arbeit möglich. Das System Internet zeichnet sich dadurch aus, dass es nicht zentral von oben gelenkt wird sondern durch viele unterschiedliche, gleichberechtigte Orte aufrechterhalten wird. Fällt ein System aus, so sind alle anderen weiterhin funktionsfähig. Wie sieht das in unserem Rechnersystem Gemeinde aus? Wir richten uns auf die gleiche Quelle aus – Gott. Doch das meint eben nicht, dass wir alle zentral verwaltet und geschaltet sind. Wir leben aus der Vielfalt, aus den unterschiedlichen Ressourcen, den unzähligen Möglichkeiten, die uns vor Ort gegeben sind. Unser Netz kann nur weiterhin tragfähig sein, wenn wir jeden Knoten pflegen, der das Netz mit aufrechthalten kann.

Wie steht es um unser Betriebssystem? Unsere Ressourcen? Unsere Anschlussfähigkeit? Unsere Netzfähigkeit?
Wir möchten Sie einladen, an der Netzfähigkeit weiterzuknüpfen, bestehende Knoten zu stärken und neue zu schaffen …

Auf unzähligen Schultern …

DSC_0937Unsere Kirche lebt nicht aus sich selbst
und nicht für sich selbst.
Als Kirche ist sie dazu berufen,
nicht erobern, nicht zu herrschen,
sondern zu dienen und zu lieben.

Als Kirche ist sie berufen,
die Menschen teilhaben zu lassen
an der Hoffnung und Freude der Frohen Botschaft,
an einem Leben in Fülle.

Als Kirche ist sie berufen,
überzeugend und ansteckend im Tun
Augenhöhe mit den Menschen zu suchen,
sich nicht zu ihrem Vormund zu machen.

Als Kirche ist sie berufen,
aufgeschlossen für die Zeichen der Zeit,
voll Verständnis für die Sorgen der Menschen
ihr Leben zu teilen, Ihre Not zu lindern.

Unsere Kirche: Mehr als Papst, Bischöfe, Priester.
Wanderndes Gottesvolk durch die Zeit.
Glaube, weitergegeben von unzähligen Zeugen.
Verantwortung, getragen auf unzähligen Schultern.
Berufen, Licht für die Welt zu sein.

Zukunft sichern

Die Zukunft von Gemeinden muss auch materiell abgesichert werden. Dazu gibt es u.a. das Modell der Kirchenstiftungen – vor allem in der evangelischen Kirche erprobt:

Was macht die Kirche aus

Ein Impuls von Priester und Schriftsteller Roland Breitenbach:

Die Freude an Gott,
nicht an der Macht –
macht die Kirche aus.

Deswegen glaube ich
an die Zukunft der Kirche,
weil es auch unter uns
Frauen und Männer gibt,
die ihre Stimme erheben
um der Wahrheit willen,
Veränderung fordern
um der Gerechtigkeit willen,
sich für das Leben einsetzen
und so gegen den Tod protestieren.

Die Freude an Gott,
nicht an der Macht –
macht die Kirche aus.

Deswegen glaube ich
an die Zukunft der Kirche,
weil es auch unter uns
Frauen und Männer gibt,
die teilen, helfen, heilen,
und damit Hoffnung stiften
und zeigen,
dass man mit Vertrauen weiterkommt
als mit Geld und Macht und Vorräten
und einem zweiten Paar Schuhe.

Ich träume von einer Kirche

Text von Dorothee Hammschmidt:

Ich träume von einer Kirche,
die arm ist,
die nicht Geld verspricht,
die den Menschen sieht
und jedem Prunk und Profitdenken einen einfachen Lebensstil entgegensetzt.

Ich träume von einer Kirche,
die nicht ihre Macht ausspielt,
die nicht über andere herrschen will,
wo Männer und Frauen gleichberechtigt sind,
wo sie gemeinsam in den Dienst genommen werden,
deren Strukturen demokratisch sind,
die jedem Christen Mündigkeit zugesteht,
die auf Prestige verzichtet und niemanden unterdrückt.
Ich träume von einer Kirche,
die demütig ist,
die Mut zum Dienen beweist
den Kranken, den Einsamen, den Außenseitern und Randgruppen,
die für das Leben einsteht,
die Obdachlosen Heimat gibt,
Alleinerziehende unterstützt,
die barmherzig ist,
die Schuld verzeiht,
die gescheiterten Eheleuten neue Zukunft gibt,
die Andersgläubige nicht verurteilt,
die Fremden Gastfreundschaft gewährt.
Ich träume von einer Kirche,
die ehrlich ist,
die Kritik zulässt und übt,
die politisch ist
und sich offen mit den Fragen unserer Zeit auseinandersetzt,
die Mut hat zu neuen Formen des Umgangs miteinander und mit der Schöpfung,
die Partei ergreift gegen ungerechte Strukturen und für den Frieden eintritt.

Ich träume von einer Kirche,
die jung ist,
die mich zu Wort kommen lässt und meine Sprache spricht,
die mich bejaht, wie ich bin,
die meine Fragen nach dem Sinn hört,
die sich für den Dialog zwischen den Generationen einsetzt,
die begeistert ist,
die vom Evangelium lebt,
die kreativ ist,
die sich auf dem Weg weiß,
die im Aufbruch bleibt,
die sich stören lässt und aufrüttelt, was eingefahren ist,
die die Chancen ergreift, die die Zeichen der Zeit zeigen.

Ich träume von einer Kirche,
die die Liebe Gottes erlebt,
wo Vertrauen wachsen kann, das zu Glauben wird,
die mir einen Raum der Freiheit gibt,
die Hoffnung hat und teilt,
die mich spüren lässt, dass Jesu Satz:
„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind,
da bin ich mitten unter ihnen“ wahr ist,
die ruhe- und ratlos ist.
Ich träume von einer Kirche,
die lebenswert ist,
die Heimat gibt,
die Begegnung wagt,
Ich träume von einer Kirche …
Ich und Du, wir sind Kirche